Ich wurde 1983 in einem kleinen Dorf im Emmental geboren. Ich war circa 12 Jahre alt, als ich erkannte, dass Menschen in ihrem Leben unterschiedliche Chancen haben. Es verging ab dann keinen Tag, an dem ich mich nicht mit dem Sein von anderen Menschen auseinandersetzte. Als in der Schule das Thema Mobbing allgegenwärtig war, überlegte ich mir, warum diese jungen Menschen so handelten und war froh, nicht Teil deren Clique zu sein. Ich war lieber allein als mit Menschen zusammen, die mir nicht gut taten. Es beschäftigte mich im Kopf, Herz und Bauch, warum die einen Menschen nie in die Ferien fuhren und andere ihr Geburtstagsfest mit unzähligen Freunden feiern konnten. Ich verstand nicht, warum die Tagesschau von so viel Leid aus der Welt berichtete und dabei die schönen Dinge nicht erwähnte. Ich fühlte mich von all diesen Eindrücken immer wieder überrumpelt, meine Empathie für diese Menschen auf der ganzen Welt war enorm intensiv. Ich verfügte damals noch nicht über die Fähigkeit, all diese Gefühle und Wahrnehmungen in fragende und klärende Worte zu fassen.

Als mir eine Lehrperson zu Weihnachten ein Tagebuch schenkte, habe ich nach erster Skepsis begonnen, meine Fragen und Gedanken niederzuschreiben. Das anfänglich tägliche und später meinem Bedürfnis entsprechend Schreiben half mir, meinen Kopf mit den vielen Gedanken zu leeren. Das Schreiben ist bis heute meine wichtigste Ressource, um meine Gefühle, Gedanken und Eingebungen zu ordnen, Zusammenhänge zu verstehen und kreative Ideen zu entwickeln.

Je älter ich wurde, desto mehr verspürte ich den starken Drang, die vielseitigen Menschen und unsere Welt als System zu verstehen. Als junge Erwachsene habe ich das pulsierende, aufregende Leben geliebt, aber nach jedem ausgefallenen Wochenende blieb eine Erschöpfung der Reizüberflutung zurück. Wie viele meiner Freundinnen, ging auch ich mit Mitte zwanzig auf Reisen rund um die Welt. Doch während andere mehrere Monate durch unzählige Länder reisten, zog es mich nach wenigen Wochen wieder nach Hause zurück. Ich fühlte mich gesättigt von Eindrücken und durch die Konfrontation mit den vielen neuen Menschen und ihren Kulturen überfordert. In meiner gewohnten Umgebung suchte ich nach Ablenkung von dem, was tagtäglich ungefiltert aus der Welt auf mich einprasselte. Zeitgleich habe ich mit Ausbildung und Beruf versucht, den Menschen zu werden, den ich dachte sein zu müssen.

Ich habe mich als Mensch in meinem Tun und Denken immer wieder hinterfragt und kritisiert, aber meiner vielseitigen Wahrnehmung habe ich lange Zeit keine Beachtung geschenkt. Es war eine tiefgründige Begegnung mit einer Energietherapeutin (www.haerzchraft-energiearbeit.ch), die mich auf meine Wahrnehmung, mein Empfinden und mein Denken aufmerksam gemacht hat. Die Inputs dieses Menschen haben mich in eine ganzheitliche, systemische Selbstreflexion versetzt. Es war, als hätte ich mich als Mensch mit meinem Leben in tausend Teile zerlegt und von einer ganz anderen Perspektive neu kennengelernt. Ich habe durch die Person und ihre Energietherapie erfahren, was bei mir schon immer vorhanden war. Viele Jahre habe ich mich mir selbst verschlossen, weil ich früh gelernt hatte, dass nur die Objektivität eine Bedeutung hat. Die Energietherapeutin lernte mich, meinen Gefühlen und Wahrnehmungen zu vertrauen, und endlich schenkte ich meiner sensitiven Wahrnehmung meine grösstmögliche Aufmerksamkeit. Ich lernte unter vielem anderen zu verstehen, welche Gefühle zu mir gehörten und welche „Baustellen“ zu anderen Menschen gehörten, warum mich Menschenmassen erschöpften und wie ich in mir aufflammende Bilder deuten und einordnen konnte.

Schritt für Schritt gewann ich an Mut, über mein Empfinden zu sprechen und es meinem engsten Umfeld zu erklären. Die Reaktionen waren fast alle durchaus positiv. Dass genau ich über eine solche sensitive Wahrnehmung verfügte, schien niemanden zu erstaunen. Immer häufiger wagte ich mich, die Bilder und Wahrnehmungen, die bei mir in sozialen Interaktionen auftauchen, meinem Gegenüber zu kommunizieren. Nach mehrjähriger Auseinandersetzung mit meinen spezifischen Fähigkeiten und einer ganzheitlichen, systemischen Selbstreflexion entschied ich mich dazu, meine Begabung im Beruf professionell anzuwenden.

Im September 2020 besuchte ich einen vierwöchigen Vantage-Kurs zum Thema Neurosensitivität bei Dr. Patrice Wyrsch (www.patricewyrsch.ch). In der Fachsprache wird das, was ich fühle, erhöhte Neursosensitivität genannt. Neurosensitivität ist die Fähigkeit, Umgebungsreize zu registrieren und zu verarbeiten (vgl. Dr. Patrice Wyrsch). Ich habe in diesem Kurs meine hohe Neurosensitivität auf persönlicher Ebene sensibilisiert und mein professionelles Handeln mit diesbezüglich wissenschaftlich fundiertem Wissen erweitert. Ergänzend zu meinem Studium der Sozialen Arbeit ist meine hohe Neurosensitivität für mich nicht mehr überfordernd, sondern bereichernd. Die Kombination der objektiven Beurteilung und subjektiven Wahrnehmung ist für mich persönlich und im Besonderen für meine Arbeit ein Gewinn.