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Entscheid Patientenverfügung

Ja, ich hab’s getan, ich habe für einen geliebten Menschen über Leben und Tod entschieden.

Mein Grosi Jg. 1928 hat mich schon vor vielen Jahren gefragt, ob ich ihr im „Ernstfall“ helfen würde. Sie war überzeugt: „du chunsch de scho druus was me muess mache.“
Meine Bedingung, alles musste in Patientenverfügung, Vorsorgeauftrag und Bestattungsvorsorge niedergeschrieben sein.

Es war ein Sonntag im August 2022, als mein Grosi mich anrief und sagte, es gehe ihr schlecht, sie möchte nun ins Altersheim. Am Tag darauf regelten wir alles Nötige für den Übertritt.

Am Mittwochmorgen kam der Anruf von Grosis Hausärztin, Grosi sei mit der Ambulanz auf dem Weg in den Spitalnotfall. Als Vertrauensperson wurde ich gebeten ins Spital zu fahren, angekommen auf dem Notfall erklärt der Arzt: «Diagnose Krebs!»

Grosi kannte diese Diagnose schon seit mehreren Monaten, hat aber entschieden nur Schmerzen zu behandeln und alle anderen Massnahmen abgelehnt.

Das medizinische Fachpersonal war sich einig, der Krebs war so weit fortgeschritten, dass Grosi noch am selben Tag auf eine Palliativstation verlegt werden musste.
Grosis Gesundheit verschlechterte sich innert vier Tagen so weit, dass sie nicht mehr mehr ansprechbar war.
Gemäss Patientenverfügung wurde ich als Vertrauensperson gebeten zu entscheiden, ob das letzte lebenserhaltende Medikament eingestellt werden soll.

Mit der Hausärztin haben ich und meine Mutter nochmals jede Frage geklärt und alle Möglichkeiten diskutiert.
Dann der Entscheid, meine Worte: „wir stellen das Medikament ein, wir lassen das Grosi gehen!“
Diese Worte schaudern mich noch heute. Ich habe über Leben und Tod entschieden, ganz legal gemäss Patientenverfügung eines Menschen.

Was es bedeutet Vertrauensperson in einer Patientenverfügung zu sein, das wurde mir erst einige Wochen nach dem Todesfall bewusst. Als ich mit Grosi die Dokumente ausfüllte, wurde ich von niemandem über diese emotionale Herausforderung aufgeklärt.

Auffallend ist, dass es immer mehr Patientenverfügungen gibt (gut so) aber die Aufklärung und Begleitung für die ernannte Vertrauensperson fehlt. Die Patientenverfügung ist nicht mit der Unterschrift der ausstellenden Person abgeschlossen, sondern verbindet ab diesem Moment zwei Menschen in Vertrauen und Verpflichtung.

In meiner Dienstleistung von einfach mensch. biete ich Beratung und Begleitung für beide Parteien einer Patientenverfügung. Die Entscheidungen der eigenen Vorsorge soll nicht die Vertrauens-/Vorsorgeperson belasten, sondern entlasten.

 11.02.2025